
Ort: Mülheim a.d.Ruhr
Zeitraum: Februar – September 2024
Seit drei Jahren arbeitet RUHRORTER kontinuierlich mit einer Gruppe von Kindern aus Mülheim Styrum. Wir kooperieren dabei mit der Caritas Mülheim und dem Jugendhaus Marienplatz. Dort findet unser Angebot im Nachmittagsprogramm einen stabilen und nachhaltigen, bewährten Rahmen.
Im Sommer 2023 haben wir mit der Gruppe nun bereits das dritte Theaterstück im Jugendhaus Marienplatz vor Freund*innen und Familien aufgeführt. Dabei stehen stets die Themen und Geschichten der Kinder im Vordergrund. Neben zwei Stückentwicklungen zum Thema Traumwelt (“Zaubertunnel Sedanstrasse”, 2021) und Gruselgeschichten (“Das Schloss im Gruselwald”, 2022) haben wir uns zuletzt mit dem Disney Film „Encanto“ vor allem choreografisch-tänzerisch mit dem Thema Familie, Identität und Flucht beschäftigt.
Im gemeinsamen Prozess legen wir den Fokus vor allem auf die Themen, Erfahrungen und Geschichten der Kinder. Wir schaffen einen Rahmen, in dem sie sich als Expert*innen ihrer Lebenswelt einbringen können.
Wir improvisieren Szenen, basteln Kostüme und Bühnenbilder, schreiben Texte und entwickeln Choreografien und Songs. Indem ihre Ideen ernst genommen und umgesetzt werden, erfahren sich die Kinder als selbstwirksam und als wichtiger Teil einer Gruppe mit gemeinsamem Ziel, der Aufführung. Dabei erfahren sie, dass sie ihre Lebenswelt aktiv künstlerisch gestalten und reflektieren können. Wir begleiten dies mit wertschätzendem Blick und am Schluss wird dieser Prozess (voraussichtlich) mit Applaus belohnt.
Zuletzt konnten wir im Proben zu „Encanto“ bereits ernsthaft an Rollen und Figuren arbeiten, die sich durch eine besondere Sprechweise und durch besondere Texte und Handlungen im Stück etablieren. An dieser Stelle möchten wir unser neues Projekt ansetzen. Hierfür starten wir mit der Medienpädagogin Franziska Schneeberger zusammen ein Filmprojekt. Wo wir bisher am Bühnenspiel gearbeitet haben, möchten wir nun Kinder aus dem Stadtteil einladen, vor und hinter die Kamera zu treten. Im selber Orte scouten, Geschichten und Figuren ausdenken, Spielen, Filmen und Schneiden wollen wir herausfinden, mit welchen Strategien und Methoden wir welche Wirkungen bei den Zuschauer*innen erzielen können. Stummfilm, Episoden- oder Experimentalfilm, Scripted Reality, Nachrichten, Musical – was für einen Film möchte die Gruppe machen?
Gemeinsam probieren wir aus, wie die bereitgestellte Kamera funktioniert und welche Orte im Stadtteil gute Szenenbilder wären. Wir testen aus, wie vor der Kamera Spannung und Langeweile erzeugt werden können und schauen im Anschluss gemeinsam, wie es sich anfühlt, sich selbst im Film zu sehen. Dabei gilt es vor allem, mit der Erfahrung der vorhergehenden Theaterprozesse umzugehen und diese im neuen Medium Film anzuwenden, um zu neuen Inhalten und Spielweisen zu kommen.
Die Faszination und das Interesse für filmischen Ausdruck auf Tiktok u.ä. Plattformen können wir dabei gewinnbringend nutzen und auch von dem Wissen der Kinder hierzu profitieren.
Zudem ergibt sich aus dem praktischen Ausprobieren mit (authentifizierenden) Strategien eine Möglichkeit der Reflektion von Social-Media-Nutzung. Was ist echt, was inszeniert? Welche Wirkung will ein Beitrag erzielen?
Der entstandene Film soll im zum Kino umgebauten Jugendzentrum am Marienplatz Premiere feiern. Mit Popcorn und Einlasspersonal, rotem Teppich und eingeladenen Gästen.
Die Kinder bringen ihre diversen Hintergründe und Lebenswelten ein und tragen wiederum die Erfahrungen aus und mit dem Theater- und Filmprojekt zurück in ihre Familien, in die Schule und in die Nachbarschaft.